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100 Jahre Wasserkraft am Walchensee: Debatte um Betrieb

Es gilt bis heute als Meisterleistung der Ingenieurskunst: Seit 100 Jahren zählt das Walchensee-Wasserkraftwerk zu den größten und leistungsstärksten seiner Art. Die Erzeugung von sauberem Ökostrom bleibt allerdings nicht ohne Kosten aufseiten der Natur.
100 Jahre Walchenseekraftwerk
Bauarbeiter stehen auf dem Dach des Walchenseekraftwerks mit Blick auf den Walchensee (undatierte Aufnahme). © Uniper Kraftwerke/dpa

Die mächtigen Fallrohre am Kesselberg bei Kochel am See sind von weither zu sehen. Rund 300 Millionen Kilowattstunden im Jahr liefert das Walchenseekraftwerk - etwa der Verbrauch von 100.000 Haushalten. Die Spitzenleistung liegt bei 124 Megawatt. Es ist eins der größten Hochdruckspeicherkraftwerke in Deutschland. Seit 100 Jahren ist das Kraftwerk am Netz.

Am 26. Januar 1924 speiste die erste Drehstromturbine namens Dora 2 Strom ein. Sie ist wie sieben andere Turbinen bis heute in Betrieb. Seit 1983 ist das vom Energiekonzern Uniper betriebene Kraftwerk auch Industriedenkmal. Zum Jubiläum sind Konzerte und andere Veranstaltungen geplant. «Der 26. Januar 1924 markiert nicht nur die Geburtsstunde des Walchenseekraftwerks, sondern auch den Beginn der Elektrifizierung Bayerns», sagte Klaus Engels, Direktor Wasserkraft Deutschland bei Uniper, am Dienstag.

Der Energiekonzern, nach Schwierigkeiten im Zuge des Ukraine-Kriegs zu 99 Prozent in der Hand des Bundes, rechnet vor, dass das Kraftwerk in der Zeit seines Bestehens mindestens 30 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und so die Umwelt um etwa 24 Millionen Tonnen Kohlendioxid entlastet habe.

Doch die saubere Energie, die zu zwei Dritteln Haushalten und zu einem Drittel der Bahn zufließt, hat eine Kehrseite. Die Obere Isar hat Schaden genommen. Die von dem Wildfluss gebildete Landschaft und damit eine reiche Artenvielfalt sei in Gefahr, warnen Umweltschützer.

Ein breites Bündnis, dem unter anderem der Bund Naturschutz (BN) in Bayern, der Deutsche Alpenverein und der Naturschutzverband LBV angehören, fordert einen naturverträglicheren Betrieb - und blickt auf das Jahr 2030: Dann muss die Konzession für den Betrieb des Kraftwerks neu vergeben werden. Die Umweltschützer haben sich dafür ausgesprochen, dass dieses vom Freistaat betrieben werden soll.

Ähnlich sieht es auch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). «Wir sind bereit, die bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke zu übernehmen, wenn der Bund sie zum Verkauf anbietet. Das haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt. So könnten wir eine nachhaltige und umweltverträgliche Energieversorgung in die eigene Hand nehmen.»

Uniper will hingegen das Kraftwerk weiter betreiben. «Wir sehen keinen Vorteil in einem Herauslösen der Wasserkraftsparte.» Uniper und die Vorgängerunternehmen hätten das Kraftwerk über ein Jahrhundert verantwortungsvoll und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Freistaat betrieben, sagt der Pressesprecher Wasserkraft, Theodoros Reumschüssel. «Wasserkraft ist der Kern unsere CO2-freien Stromerzeugung und ein Teil unserer Identität.»

Für die bis zu 84 Kubikmeter Wasser, die bei Volllast pro Sekunde mit 200 Stundenkilometern über mächtige Rohre Richtung Kochelsee zu Tal stürzen, musste die Isar umgeleitet werden. Der Baumeister Oskar von Miller hatte dazu einen zehn Kilometer langen Kanal von der Isar zum Walchensee bauen lassen.

Weil die Obere Isar damit zu wenig Wasser führt, bleibe Kies dauerhaft liegen, das Ufer verbusche, kritisieren Umweltschützer. Damit fehle der wichtige Lebensraum sich ständig wandelnder Kiesbänke.

«Viele der etwa 200 Rote-Liste-Arten im Bereich der oberen Isar sind typische Wildflussarten. Auf der Roten Liste stehen sie, weil dynamische Wildflüsse in Bayern kaum mehr vorhanden sind», sagt Stefan Ossyssek vom Referat für Arten- und Biotopschutz beim BN. Bedroht seien etwa die Gefleckte Schnarrschrecke oder Vögel wie der Flussregenpfeifer. Das Kraftwerk müsse in Zukunft so betrieben werden, «dass sich der Wildfluss Obere Isar wieder erholt und die dort typischen Lebensräume wieder größer werden».

Betroffen seien auch andere Gewässer, darunter der Rißbach, sagt Fabian Unger vom LBV. Das Kraftwerkssystem umfasst auch zwei kleinere Kraftwerke, die das Wasser von Isar und Rißbach nutzen, außerdem das Kesselbachkraftwerk, das bereits für die Bauarbeiten Strom lieferte. Bis zu 2000 Arbeiter hatten nach dem Ersten Weltkrieg unter härtesten Bedingungen geschuftet, um unter anderem einen gut einen Kilometer langen Stollen vom Walchensee durch den Berg zu schlagen.

Derzeit laufen Gespräche und Arbeitsgruppen, unter anderem mit Vertretern von Uniper, der Staatsregierung und den Umweltverbänden, wie es ab 2030 weitergehen soll. Dass das historische Kraftwerk am Netz bleibt, ist auch für die Umweltverbände keine Frage. Nicht zuletzt dient es dazu, überschüssigen Strom aus Windkraft oder Solaranlagen zu speichern. «Keine Energiegewinnung kommt ohne einen negativen Einfluss auf die Natur aus», heißt es beim WWF. «Die grundsätzliche Frage, mit der man deswegen immer konfrontiert wird, ist: Wie groß ist dieser Einfluss im Verhältnis zum Ertrag?»

© dpa ⁄ Sabine Dobel, dpa
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