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Gutachter zu Ahr-Flut: «Grundlegende Sachen nicht geregelt»

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach der tödlichen Ahr-Flut sind noch nicht abgeschlossen. Ein von ihr beauftragter Gutachter wird im Untersuchungsausschuss des Landtags befragt.
Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal
Die Brücke in dem Dorf im Kreis Ahrweiler ist nach dem Unwetter mit Hochwasser unpassierbar geworden. © Boris Roessler/dpa

Bei der Ahr-Flutkatastrophe vor rund zweieinhalb Jahren mit 135 Toten hat es nach Einschätzung eines Gutachters erhebliche Mängel im Katastrophenschutz des Kreises gegeben. «Die Technische Einsatzleitung (TEL) hatte kein passendes Modell von der sich aufbauenden Gefährdung», sagte Dominic Gißler am Montag im Landtags-Untersuchungsausschuss in Mainz zu seinem für die Staatsanwaltschaft erstellten Gutachten. «Grundlegende Sachen waren nicht geregelt.» Einen Verwaltungsstab etwa habe es überhaupt nicht gegeben.

«Man hätte Menschenleben retten können», sagte der Berliner Professor für Führung und Bevölkerungsschutz. Es sei aber unklar, wie viele. «Man muss jede Chance für die Rettung von Menschen wahrnehmen», unterstrich der Sachverständige. «Es gab die Chancen.» Es habe aber mit seinem Gutachten nicht geklärt werden können, wie wirksam die Maßnahmen gewesen wären.

Neben dem Landtagsgebäude gedachten die Eltern einer 22 Jahre alten Frau, die bei der Flut ums Leben kam, mit einer Mahnwache der 135 Toten im Ahrtal.

«Dieses Gutachten ist keine Entlastung von Verantwortung», sagte Gißler. Ex-Ahr-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und sein Mitarbeiter aus dem Krisenstab - gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt - seien aufgrund ihrer «verantwortlichen Schlüsselstellung» für das Ergebnis des Einsatzes verantwortlich. Allerdings sei dies keineswegs die Aussage, dass sie schuld seien, betonte der Gutachter in seinem rund zweistündigen Vortrag.

«Dieser Fall ist ein trauriges Symptom für die Reaktionsfähigkeit des Katastrophenschutzes», sagte der Wissenschaftler und forderte eine andere Aufstellung des Katastrophenschutzes. Dessen Reaktionsfähigkeit sei eine Frage der innern Sicherheit. «Schaffen Sie die Rahmenbedingungen dafür, dass er (der Katastrophenschutz) reaktionsfähiger wird!», forderte er die Abgeordneten auf. Die Leistungsfähigkeit müsse dann festgeschrieben und überprüft werden - inklusive eines jährlichen Berichts an das Parlament.

Die Anforderungen an die Mitglieder der TEL seien sehr hoch, «man übernimmt eine sehr große Verantwortung», sagte Gißler. Sie seien aber Ehrenamtliche, und es müsse darüber reflektiert werden, ob dies angemessen sei. Nach seiner Auffassung sei diese Aufgaben «nur denen zuzumuten, die in Spezialisierung Professionalisierung erlangen können», sagte der 34 Jahre alte Professor.

«Das Führungssystem war strukturell und funktionell unterkomplex», sagte Gißler über die Mängel im Katastrophenschutz des Kreises. Ein wesentlicher Teil habe mit der Vorbereitung zu tun. So habe es für den Aufbau des Katastrophenschutzes mit einer dreiviertel Stelle zu wenig Zeit gegeben. Es habe in der TEL auch weder eine Stabsdienstordnung, noch ein systematisches Berichtswesen gegeben.

«Die Mitglieder der TEL verfügten nicht über die erforderliche Fachkompetenz», berichtete Gißler. Die Ausgangsvoraussetzungen für die TEL seien deshalb ungünstig gewesen, aber auch, weil es eben keinen Verwaltungsstab gab und der Raum «mentale Fehler» begünstigt habe. Allerdings werde längst nicht überall überhaupt ein Raum für eine TEL vorgehalten. «Ein Unterlassen» der Mitglieder habe es aber nicht gegeben.

Die Organisatoren der Mahnwache fordern eine Gedenkstätte für die Opfer der Flutkatastrophe und hoffen auf eine Anklage und ein Gerichtsverfahren. «Wenn es nicht zu einer Anklage kommt, ist das ja komplett verschwunden von der Bildfläche», sagte der Vater der getöteten 22-Jährigen. Er erhoffe sich eine Antwort auf die Frage, «wer ist konkret verantwortlich». «Seit der Hochwasserkatastrophe 2016 ist ja nichts passiert», und es habe daher auch keine Pläne für die Flutnacht gegeben. Der ehemalige Landrat sei seiner Verantwortung nicht nachgekommen, obwohl er schon «viele, viele Jahre im Amt war».

Bei der Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region - und einer im Raum Trier. Ein Mensch gilt noch immer als vermisst.

Die Staatsanwaltschaft hatte das Gutachten für ihre Ermittlungen gegen Ex-Ahr-Landrat Pföhler und den Mitarbeiter des Krisenstabs des Kreises in Auftrag gegeben. Die Behörde ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

© dpa
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