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Netanjahu wirft Chefankläger Antisemitismus vor

Nach dem Antrag auf Haftbefehle gegen Israels Regierungsspitze ist die Empörung in dem Land groß. IStGH-Chefankläger Khan wird persönlich angegangen. Doch nicht alle teilen die scharfe Kritik.
Benjamin Netanjahu
Karim Khan

Mit außergewöhnlich scharfer Kritik hat Israel auf einen Antrag des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) auf Haftbefehle reagiert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte Karim Khan einen «der großen Antisemiten der Moderne».

Khan hatte zuvor Haftbefehle gegen Netanjahu und Verteidigungsminister Joav sowie drei Anführer der palästinensischen Terrororganisation Hamas wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragt. Unterstützung bekam Israel von seinem wichtigsten Verbündeten, den USA. Andere wie etwa Frankreich stärkten dem Strafgerichtshof den Rücken.

Weder die USA noch Israel erkennen den Strafgerichtshof an. Die palästinensischen Gebiete aber sind Vertragsstaat. Daher darf Khan auch ermitteln. Ob die Haftbefehle tatsächlich erlassen werden, müssen nun die Richter entscheiden. Wenn sie die Tatvorwürfe als bestätigt ansehen, kann das Hauptverfahren gegen die Beschuldigten eingeleitet werden.

Das Gericht hat zwar keinerlei Möglichkeiten, Haftbefehle selbst zu vollstrecken. Jedoch ist die Bewegungsfreiheit der Gesuchten dadurch erheblich eingeschränkt - denn alle Vertragsstaaten des Gerichts sind verpflichtet, Beschuldigte mit offenen Haftbefehlen festzunehmen und nach Den Haag zu überstellen, sobald sie sich in ihrem Land befinden.

Scholz: Hamas-Gräueltaten nicht mit Israels Kriegsführung vergleichbar

Aus Sicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lassen sich die Gräueltaten der Terroristen nicht im Entferntesten mit Israels Kriegsführung vergleichen. «Die Bundesregierung weist jeden Anschein von Vergleichbarkeit auf das Entschiedenste zurück», sagte ein Scholz-Sprecher der Bild»-Zeitung. Zu den Anträgen auf Haftbefehle gegen drei Hamas-Anführer sagte der Sprecher: «Angesichts der Gräueltaten des 7. Oktober, der andauernden Geiselhaft vieler Menschen und der ja weiterhin stattfindenden Angriffe der Hamas auf Israel ist dies nur folgerichtig.»

Zu möglichen Haftbefehlen gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant ließ Scholz erklären: «Die Bundesregierung hat stets betont, dass Israel das Recht hat, sich im Einklang mit dem Völkerrecht gegen die mörderischen Angriffe der Hamas zu verteidigen. Vor diesem Hintergrund wiegen die Vorwürfe des Chefanklägers schwer und müssen belegt werden. Deutschland geht davon aus, dass dabei maßgeblich berücksichtigt wird, dass Israel ein demokratischer Rechtsstaat mit einer starken, unabhängigen Justiz ist.»

Auswärtiges Amt: Haftbefehle lassen falsches Bild entstehen

Khans gleichzeitiges Vorgehen gegen die Hamas und Israel hat nach Einschätzung des Auswärtigen Amts jedoch ein falsches Bild entstehen lassen. «Durch die gleichzeitige Beantragung der Haftbefehle gegen die Hamas-Führer auf der einen und die beiden israelischen Amtsträger auf der anderen Seite ist der unzutreffende Eindruck einer Gleichsetzung entstanden», sagte ein Außenamtssprecher in Berlin.

Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte sich dazu kritisch. «Ich habe ehrlich gesagt nicht so richtig viel Verständnis dafür, dass hier zwei derartig ungleiche Sachverhalte miteinander gewissermaßen in eine Akte gepackt werden», sagte Pistorius bei einem Besuch in Litauen. «Das ist eine Entscheidung, die müssen wir respektieren. Ich halte sie allerdings in der Wirkung nicht für angemessen.»

Verteidigungsminister Galant sagte, Khan ziehe eine «abscheuliche Parallele» zwischen Israel und der Hamas. Israel kämpfe gegen eine brutale Terrororganisation, die Gräuel an israelischen Kindern, Frauen und Männern begangen habe und die jetzt ihr eigenes Volk als Schutzschild missbrauche.

Netanjahu: Khan gießt Öl in die Feuer des Antisemitismus

Netanjahu sagte, Khan gieße mit seiner Entscheidung «hartherzig Öl in die Feuer des Antisemitismus, die auf der ganzen Welt wüten». Er verglich Khan sogar mit den NS-Scharfrichtern und warf ihm «Blutverleumdung» vor - dieser auch als Ritualmordlegende bekannte Begriff bezieht sich auf antisemitische falsche Anschuldigungen gegen Juden seit dem Mittelalter.

Khan verfolgt Verbrechen während des Gaza-Kriegs. Er beantragte Haftbefehle auch gegen den Gaza-Chef der Hamas, Jihia al-Sinwar, den Auslandschef Ismail Hanija sowie gegen Sinwars Stellvertreter Mohammed Deif. Netanjahu und Galant werden von ihm unter anderem beschuldigt, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.

USA nehmen Israel gegen Vorwürfe in Schutz

Die USA nahmen ihren Verbündeten demonstrativ gegen die Vorwürfe in Schutz. «Entgegen den Anschuldigungen des Internationalen Gerichtshofs gegen Israel handelt es sich nicht um Völkermord», sagte US-Präsident Joe Biden am Montag im Rosengarten des Weißen Hauses anlässlich einer Feier für die Errungenschaften amerikanischer Juden in den die USA. «Wir weisen das zurück. Wir stehen an der Seite Israels.» Es gebe keine Gleichwertigkeit zwischen Israel und der - von den USA als Terrororganisation eingestuften - islamistischen Hamas.

Frankreich stärkt Strafgerichtshof den Rücken

«Frankreich unterstützt den Internationalen Strafgerichtshof, seine Unabhängigkeit und den Kampf gegen Straflosigkeit in allen Situationen», teilte das französische Außenministerium dagegen in der Nacht zum Dienstag mit. Frankreich habe die von der Hamas verübten antisemitischen Massaker von Anfang an verurteilt. Was Israel angehe, poche Paris seit vielen Monaten auf die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts und beklage insbesondere die Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und den unzureichenden Zugang für Hilfslieferungen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte Khans Entscheidung einen «entscheidenden Schritt in Richtung Gerechtigkeit». Sie sende «eine wichtige Botschaft an alle Konfliktparteien in Gaza und darüber hinaus, dass sie zur Verantwortung gezogen werden für die Zerstörung, die sie den Völkern in Gaza und Israel zugefügt haben».

Amal Clooney half Weltstrafgericht

Die prominente Menschenrechtsanwältin Amal Clooney hat Khan bei dessen Vorgehen gegen Israel und die islamistische Hamas unterstützt. Er habe sie vor mehr als vier Monaten gebeten, ihn zusammen mit einer Expertengruppe bei der Prüfung der Beweismittel zu unterstützen, teilte Clooney über die Clooney Foundation for Justice mit. Sie habe die Beweismittel zur Vorbereitung des Antrags auf Haftbefehle mit weiteren Völker- und Strafrechtlern ausgiebig geprüft und rechtlich analysiert. Das Gesetz zum Schutz von Zivilisten in Kriegsgebieten gelte «in jedem Land der Welt, unabhängig von den Gründen für den Konflikt», erklärte Clooney. «Ich nehme weder hin, dass ein Konflikt im rechtsfreien Raum stattfindet noch dass ein Täter über dem Gesetz steht.»

Blinken: Haftbefehl-Anträge könnten Geiselabkommen gefährden

Nach Darstellung von US-Außenminister Antony Blinken könnte das Vorgehen des Chefanklägers die laufenden Bemühungen um ein Abkommen für eine Waffenruhe in Gaza gefährden. Die Hamas werde so ermutigt, und das sei das Haupthindernis für ein Abkommen, konkretisierte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln und eine Waffenruhe hätten in der vergangenen Woche keine Fortschritte gemacht, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Da Israel und die Hamas nicht direkt miteinander verhandeln, fungieren Ägypten, Katar und die USA als Vermittler bei den Verhandlungen.

USA: Chefankläger des Strafgerichtshofs sollte Israel besuchen

Khan hat nach Angaben von Blinken einen geplanten Besuch in Israel kurz vor der Beantragung von Haftbefehlen gegen Netanjahu und Galant abgesagt. Die Reise Khans nach Israel sei für die kommende Woche geplant gewesen, hieß es in einer Mitteilung. Dabei sollte Khan mit der israelischen Regierung eigentlich noch über die Ermittlungen sprechen und auch ihre Sicht hören. Die Mitarbeiter des Chefanklägers sollten demnach bereits am Montag in Israel landen, um den Besuch vorzubereiten. Dass sie nicht an Bord ihres Flugzeugs gegangen seien, habe die israelische Regierung erst erfahren, als die Anträge zu den Haftbefehlen im Fernsehen verkündet wurden. «Diese und andere Umstände stellen die Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung infrage», hieß es in der Mitteilung.

Bei den Attacken der Hamas im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober waren rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Der Terroranschlag war Auslöser für die militärische Offensive Israels im Gazastreifen, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher 35 647 Menschen getötet worden sind.

© dpa
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