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Diakonie-Chef lehnt überzeugte AfD-Wähler als Mitarbeiter ab

Die christlichen Kirchen haben sich gegen die AfD scharf abgegrenzt. Auch als Arbeitgeber wollen sie mit Anhängern der Rechtsaußenpartei nichts zu tun haben. Das betrifft Hunderttausende Beschäftigte.
Diakonie-Einrichtung in Berlin
«Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten», sagt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. © Soeren Stache/dpa

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch will überzeugte AfD-Wähler in den eigenen Reihen nicht dulden. «Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten», sagte Schuch den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). «Diese Leute können sich im Grunde auch nicht mehr zur Kirche zählen, denn das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild.» Und er fügte hinzu: «Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen.» 

Der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie Deutschland zählt zu den größten Arbeitgebern und beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 627.000 Menschen. Die beiden großen christlichen Kirchen haben sich scharf von der AfD abgegrenzt. Als Arbeitgeber sind viele von den Kirchen getragene Institutionen sogenannte Tendenzbetriebe und haben vergleichsweise große Entscheidungsfreiheit, wen sie beschäftigen.

Gesprächsangebote statt Gesinnungstest

In dem Interview sagte Schuch, es sollte zunächst mit betreffenden Mitarbeitenden gesprochen und klargestellt werden, dass für menschenfeindliche Äußerungen in den Einrichtungen der Diakonie kein Platz sei. In einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag betonte er zugleich, es solle keine Gesinnungstests der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geben. Nur, wenn diese im Arbeitsumfeld durch Äußerungen oder Handlungen auffielen, gebe es anlassbezogene Gespräche. «Wenn es dann einen bleibenden Konflikt gibt, müssen arbeitsrechtliche Konsequenzen geprüft werden», schwächte er seine vorherige Aussage ab.

Das gelte nicht nur für überzeugte AfD-Anhängerinnen und -Anhänger, sondern «für alle, die sich außerhalb unseres Grundgesetzes stellen und Menschen herabwürdigen», ergänzte Schuch. Dabei sei egal, ob rechts-, links- oder religiös-extremistisch. 

Schuch sagte, er sei froh, dass auch die AfD beim neu vorgestellten Wahlhilfe-Portal der Diakonie zur Europawahl, «Sozial-O-Mat», mitgemacht habe. Bei dem Online-Portal kann man ähnlich wie beim «Wahl-O-Mat» eigene politische Positionen mit denen der Parteien vergleichen - in diesem Fall bezogen auf sozialpolitische Fragen wie Mindestlohn oder Sozialhilfe. 

AfD spricht von Hexenjagd

Die AfD reagierte auf Schuchs Interview-Äußerungen empört. Die kirchenpolitische Sprecherin Nicole Höchst sprach von einer «modernen Hexenjagd auf die AfD», die unchristlich und menschenfeindlich sei. Die Äußerungen des Diakonie-Präsidenten seien «hohle Phrasen». «Die Diakonie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, den Artikel vier des Grundgesetzes zu verletzen», meinte Höchst. Artikel 4 garantiert die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Religion. Der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer kritisierte, Schuchs Äußerungen widersprächen dem Leitgedanken des Grundgesetzes, Bürger vor politischer Diskriminierung zu schützen.

Die Lutherische Bischofskonferenz hatte bereits im März vor der AfD gewarnt und erklärt: «Wer die AfD wählt, unterstützt eine Partei, die das christliche Menschenbild mit Füßen tritt». Die Katholische Bischofskonferenz formulierte in einem Beschluss vom Februar: «Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar.» 

Der katholische Deutsche Caritasverband, der seinerseits knapp 696.000 Menschen in sozialen Einrichtungen beschäftigt, ist nach eigenen Angaben dabei zu klären, was dies arbeitsrechtlich bedeutet. Der Verband lehne «extremistische, fundamentalistische, rassistische, antisemitische, demokratiefeindliche, nationalistische, ausländerfeindliche Positionen entschieden ab», erklärte eine Sprecherin auf Anfrage. 

Die «Grundordnung des kirchlichen Dienstes», die das Arbeitsrecht in der katholischen Kirche regele, verweise auch explizit auf die Ablehnung von kirchenfeindlichen Positionen. Über konkrete arbeitsrechtliche Fragen als Konsequenz dieser Grundhaltung berate gerade eine Arbeitsgruppe. 

«Für den Erhalt der offenen Gesellschaft»

Als «Tendenzbetriebe» haben christliche Arbeitgeber besondere Rechte und können ihren Arbeitnehmern bestimmte Vorgaben machen, um die «Glaubwürdigkeit der Kirche» oder deren Sittenlehre zu wahren. In der Vergangenheit galten zum Beispiel die Heirat mit einem geschiedenen Partner oder ein verschwiegener Kirchenaustritt als Kündigungsgrund für Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter.

Diakonie-Präsident Schuch mahnte die Arbeitgeber in Deutschland, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Wählen aufzufordern. Demokratie sei kein Selbstläufer. Schuch fügte hinzu: «Jedes Unternehmen in Deutschland sollte deswegen seine Haltung überprüfen und sich fragen, ob es genug für den Erhalt der offenen Gesellschaft tut.»

© dpa
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