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«Tage des Verrats» - Haft für AfD-nahen Offizier gefordert

Ein Hauptmann der Bundeswehr bietet Russland aus eigenem Antrieb militärische Geheimnisse an. Vor Gericht gesteht er «den größten Bockmist seines Lebens».
Spionageprozess
Der Angeklagte (r) sitzt im Gerichtssaal neben seinem Anwalt. Ein deutscher Berufssoldat muss sich als mutmaßlicher Spion Russlands vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht verantworten. © Oliver Berg/dpa

Die Bundesanwaltschaft hat dreieinhalb Jahre Haft für einen Bundeswehroffizier gefordert, der gestanden hat, sich Russland als Spion angedient zu haben. Etwa im gleichen Zeitraum war der 54-Jährige in die AfD eingetreten. «Die Anklage hat sich in vollem Umfang bestätigt», sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft am Dienstag am Düsseldorfer Oberlandesgericht. Der Hauptmann habe sich Russland «fast penetrant angedient», um den russischen Streitkräften einen Vorteil zu verschaffen. Dabei habe er militärisch sensible Informationen verraten.

Erst habe er einen Umschlag mit Dienstgeheimnissen in den Briefkasten des russischen Konsulats in Bonn geworfen. Als dann keine Reaktion erfolgte, habe er sich als Michael Müller per E-Mail an das Konsulat und dann an die russische Botschaft gewandt.

Sein Verrat sei geeignet gewesen, die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu konterkarieren, denn die Systeme, die er betreut habe, seien auch an die Ukraine geliefert worden. «Darum ging es ihm auch», so die Bundesanwaltschaft. Dabei habe der Soldat gewusst, dass der Verrat an einen militärischen Aggressor Menschenleben gefährde.

Bei seinem weitgehenden Geständnis habe der Offizier lediglich die Übergabe einer CD bestritten, auf die er zuvor vertrauliche Dateien gebrannt habe. Er sei aber dabei fotografiert worden, wie er den Umschlag in den Briefkasten des Konsulats geworfen habe und dieser Umschlag sei gut gefüllt gewesen - nicht nur mit ein paar Seiten Papier, wie der Angeklagte behauptet habe.

Zudem habe er in seiner späteren E-Mail die Werthaltigkeit des von ihm gelieferten Materials betont. «Die übermittelten Unterlagen dienten zum Anfüttern. Sie sollten Appetit auf mehr machen», so der Vertreter der Bundesanwaltschaft. Der Hauptmann habe sich eines besonders schweren Falls der Agententätigkeit schuldig gemacht. «Das alles für einen Staat, der sich als rücksichtsloser Aggressor erwiesen hat.»

Von einer Affekttat könne keine Rede sein. Der Angeklagte könne sich auch nicht auf sein Burnout-Syndrom berufen. Er habe über mehrere Wochen ein äußerst planvolles Verhalten an den Tag gelegt. Seine Versuche, Kontakt mit dem russischen Geheimdienst aufzunehmen, hätten «trotz aller Penetranz» nicht gefruchtet.

«Er wartete sehnsüchtig darauf, angesprochen zu werden und liefern zu können.» Seine Festnahme habe Schlimmeres verhindert, «denn eigentlich hatte er Größeres vor». «Es sollte nur ein Appetithappen für das sein, was kommen sollte.» Das habe er selbst mit einem Satz der Polizei nach seiner Festnahme verraten: «Was da noch alles hätte passieren können.» Hätte der Hauptmann Staatsgeheimnisse verraten, würde ihm jetzt sogar lebenslange Haft drohen. So liege der Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren.

Verteidiger Marvin Schroth stellte keinen konkreten Strafantrag. Sein Mandant habe in vier Tagen alles in Schutt und Asche gelegt, was er zuvor in Jahren als pflichtbewusster Berufssoldat aufgebaut habe. «Vier Tage des Verrats, an denen er rote Linien überschritten hat. Vier Tage des völligen Versagens.»

«Was um Himmels Willen hat ihn dazu veranlasst? Wo zum Teufel ist Herr H. falsch abgebogen?», fragte der Anwalt. Er sei vier Jahre lang permanent überarbeitet gewesen und habe sich dennoch nicht behandeln lassen. Gesundheitlich bereits angeschlagen habe er sich wegen Schlafstörungen in einer Abwärtsspirale befunden.

In einer fordernden beruflichen Zeit habe sich sein Medienkonsum allmählich auf Telegram und Tiktok verlagert. Dort sei er Fake-News und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten aufgesessen. So habe Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) einen Tag vor dem Überfall auf die Ukraine davor gewarnt, dass sehr viele Menschen sterben werden. Bei dem Angeklagten sei aber genau das Gegenteil von dem angekommen, was Habeck gesagt habe. Der Realität sei er zeitweise deutlich entrückt gewesen. Die Strafforderung von dreieinhalb Jahren halte er für deutlich überzogen, sagte der Verteidiger.

«Dann hat er eine einer fixen Idee freien Lauf gegeben und sein bisheriges Leben aus den Angeln gehoben.» Sein Eingeständnis seiner eigenen Überforderung sei zu spät gekommen. «Er hat sich schließlich Hilfe gesucht, aber drei Wochen zu spät.» Der Hauptmann hatte behauptet, die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukraine-Kriegs habe ihn getrieben.

Das Verhalten des Hauptmanns sei mehr als naiv gewesen. So habe er sich beim Einwurf der Unterlagen in den Briefkasten des Konsulats nicht einmal verkleidet. Die Strafforderung von dreieinhalb Jahren der Bundesanwaltschaft hatte er für deutlich überzogen. Am Rande der Verhandlung sagte der Verteidiger auf dpa-Anfrage, sein Mandant sei inzwischen aus der AfD ausgetreten.

Der Angeklagte sagte in seinem Schlusswort, das letzte Jahr sei für ihn ein Albtraum gewesen, den er gerne löschen würde. «Es ist der größte Bockmist, den ich in meinem Leben gebaut habe.» Was der Satz «Angst essen Seele auf» bedeutet, habe er am eigenen Leib erfahren müssen. «Ich hätte viel früher zum Arzt müssen.» Eine Depression durch chronische Überarbeitung habe sein rationales Denken beeinträchtigt.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Das Gericht will das Urteil am 27. Mai verkünden.

© dpa ⁄ Frank Christiansen, dpa
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