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Polizei beendet Widerstand gegen Abschiebung

Zwei junge Männer sollen abgeschoben werden. Wie sich herausstellt, gehören sie zu einer afghanischen Familie, die Kirchenasyl bekommen hat. Sie wehrt sich gegen den Polizeizugriff, wird aber schließlich überwältigt. Das Vorgehen bleibt nicht ohne Kritik.
Polizeieinsatz bei Abschiebung in Schwerin
Ein Polizeiauto steht vor einem Haus. © Frank Pfaff/dpa-Zentralbild/dpa

Mit einem Großaufgebot und Spezialkräften hat die Polizei in Schwerin den Widerstand gegen eine geplante Abschiebung beendet. Wie eine Polizeisprecherin sagte, hatte sich am frühen Mittwochmorgen eine sechsköpfige Familie in der Wohnung einer Kirchengemeinde verschanzt, als Polizisten die Abschiebung von zwei jungen Männern im Alter von 18 und 22 Jahren durchsetzen wollten.

Der Flüchtlingsrat kritisiert das Vorgehen der Behörden. Erstmals in Mecklenburg-Vorpommern sei durch die Polizei ein Kirchenasyl gebrochen und somit eine rote Linie überschritten worden, hieß es in einer in Schwerin verbreiteten Mitteilung. Grüne und Kirchenvertreter schlossen sich der Kritik an. Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, bezeichnete die versuchte Abschiebung als «beschämend und mit den Grundsätzen der Menschenrechte unvereinbar». Mit der Aktion sei der Schutzraum einer schwer traumatisierten Familie, die in ihrer Heimat mit dem Tod bedroht worden sei, verletzt worden.

Nach etwa vierstündigen Bemühungen, mit der Familie im Gespräch zu bleiben und sie zum Öffnen der Tür zu bewegen, seien Einsatzkräfte schließlich «mit einfacher körperlicher Gewalt» in die Wohnung eingedrungen, sagte die Polizeisprecherin. Dabei sei festgestellt worden, dass sich der 22-Jährige vermutlich mit einer Glasscherbe verletzt hatte. Die Mutter habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden. Beide wurden mit einem bereitstehenden Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

«Bei der Durchsuchung aller Personen wurden bei der Mutter, dem 22-jährigen Sohn und der Tochter Messer versteckt am Körper gefunden», teilte die Polizei nach Abschluss der Aktion weiter mit. Gegen die 47-jährige Mutter sei ein Strafverfahren wegen Bedrohung und Nötigung eingeleitet worden. Weitere Personen oder Einsatzkräfte seien bei dem Einsatz nicht verletzt worden. Für Außenstehende habe zu keiner Zeit eine Gefahr bestanden. Spezialkräfte der Polizei waren am Morgen mit Rammbock und Kettensäge angerückt. Doch seien die Gerätschaften nicht zum Einsatz gekommen, hieß es.

Nach Angaben eines Sprechers der Nordkirche handelte es sich um eine sechsköpfige Familie aus Afghanistan, deren zwei erwachsene Söhne abgeschoben werden sollten. Dies sei auf Anordnung der Ausländerbehörde in Kiel erfolgt. Beide sollten den Angaben zufolge nach Spanien gebracht werden. Dort waren sie in die EU eingereist. Laut Kirchensprecher hielt sich die Familie in einer Wohnung am Rande eines Schweriner Plattenbaugebietes auf, die von der dortigen Kirchgemeinde für Flüchtlinge bereitgestellt wird.

Die Polizei hatte zunächst von zwei irakischen Männern gesprochen, die abgeschoben werden sollten, korrigierte dies dann aber. Nach Behördenangaben gehören neben der Muter und den 22 und 18 Jahre alten Söhnen noch der 49-jährige Vater, eine 13-jährige Tochter und ein zehnjähriger Sohn zur Familie. Alle Personen besäßen die afghanische Staatsangehörigkeit.

Wie ein Anwohner berichtete, waren am Morgen zwei Funkstreifenwagen vor dem Gemeindehaus vorgefahren. Kurz darauf seien laute Schreie einer Frau zu gehören gewesen. Nach Darstellung der Polizei hatte sie versucht, die Abschiebung der beiden jungen Männer zu verhindern. Ob es noch im Tagesverlauf dazu kommen sollte, konnte die Polizeisprecherin zunächst noch nicht sagen.

Der Flüchtlingsrat sprach von einem erschreckenden Signal an Geflüchtete. «Nicht einmal zu Weihnachten dürfen sie sich sicher fühlen. Dieses Signal richtet sich aber auch an Kirchengemeinden, die nun verunsichert sind, ob sie Geflüchteten weiterhin Zuflucht und Hoffnung bieten können», hieß es in der Mitteilung weiter. Eine Sprecherin beklagte zudem, dass der Amtshilfe-Einsatz offenbar auf der Basis falscher Angaben erfolgt sei, da zunächst von Irakern die Rede gewesen sei.

Nach Angaben der Nordkirche war der Familie seit knapp einer Woche in Schwerin Kirchenasyl gewährt worden. Nach Informationen der Flüchtlingsbeauftragten handelt es sich bei der Mutter um eine bekannte Frauenrechtlerin und Journalistin, die in ihrer Heimat massiv bedroht worden sei. Über das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung sei der Familie eine Aufnahme in Deutschland zugesichert worden. Da sich die Visumserteilung verzögerte, habe sich die Familie schließlich über Iran und Spanien auf den Weg nach Deutschland gemacht. Jochims erhob schwere Vorwürfe gegen die zuständigen deutschen Behörden.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Constanze Oehlrich forderte, die gesamte Familie in Deutschland in ein geregeltes Verfahren zu übernehmen und sie so vor weiteren Abschiebeversuchen zu schützen. «Deutschland hat die Möglichkeit, über das sogenannte Selbsteintrittsrecht, das in der Dublin-Verordnung geregelt ist, die Zuständigkeit zu übernehmen», betonte sie.

CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow verwies auf geltendes Recht. «Wer in Deutschland kein Bleiberecht hat, muss auch gegen dessen Willen unser Land verlassen. Die Polizei hat nach meinem Eindruck korrekt gehandelt», erklärte Liskow. Es stehe jeder Kirchengemeinde zwar frei, eine politisch ablehnende Haltung zum geltenden Asylrecht einzunehmen. «Damit geht aber keine Befugnis einher, das Asylrecht missachten zu dürfen. Auch die Kirchen müssen sich an nationales Recht halten», mahnte der CDU-Politiker.

Als Kirchenasyl wird die befristete Aufnahme von Flüchtlingen in kirchlichen Räumen bezeichnet, denen bei Abschiebung Gefahr für Leib und Leben oder die Verletzungen ihrer Menschenrechte droht. Solche Fälle gab es in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr häufiger als in der jüngsten Vergangenheit. Bis Ende November waren es landesweit 25 Menschen, wie die Nordkirche mitteilte. Ein höherer Wert sei zuletzt 2018 erreicht worden, als im Nordosten 51 Menschen Kirchenasyl gewährt wurde. 2022 seien es zehn gewesen, in den beiden Jahren davor 21 und sieben.

© dpa
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