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Wohin fliehen? Angst in Rafah vor der Bodenoffensive

Israel droht weiter mit einem Militäreinsatz in der Stadt, in der sich Hunderttausende Menschen aufhalten. Ein Durchbruch an anderer Stelle könnte die Offensive vielleicht noch abwenden.
Rafah
Nach Beginn der Kämpfe im Oktober flohen Hunderttausende in den Süden des Gazastreifens. So entstand in der Stadt Rafah in den vergangen Monaten ein riesiges Zeltlager. © Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa

Ahmed Masud weiß nicht mehr, wohin er fliehen soll. Derzeit kampiert der junge Mann eigenen Angaben nach mit Verwandten in einem großen Zelt in Rafah im Süden des Gazastreifens. Der 28-Jährige stammt eigentlich aus der Stadt Gaza, die im Norden des umkämpften Gebiets liegt. Von dort flüchtete er vor den Kämpfen zwischen Israels Armee und der Hamas in den Süden des Küstenstreifens. Sollte Israel nun seine Ankündigung wahr machen und eine großangelegte Offensive in Rafah beginnen, gibt es Masud zufolge keinen sicheren Ort mehr für ihn und seine Angehörigen. «Wir kommen mit den schwierigen Bedingungen, unter denen wir derzeit leben, schon kaum zurecht», sagt der Palästinenser der Deutschen Presse-Agentur.

Israel hält den Militäreinsatz in der Stadt nahe der Grenze zu Ägypten für unumgänglich. Das Land will dort die noch verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen und so sicherstellen, dass die Terrororganisation nach Kriegsende nicht wiedererstarkt. Der Einsatz könnte israelischen Medien zufolge rund sechs Wochen dauern. Israel vermutet in Rafah außerdem die noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln, die Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Organisationen am 7. Oktober bei ihrem brutalen Großangriff mit mehr als 1200 Toten aus Israel verschleppt haben.

Die Angst, weitere Familienmitglieder zu verlieren

Es wird erwartet, dass der Militäreinsatz mit einer mehrwöchigen Evakuierung der Zivilbevölkerung beginnt. Berichten zufolge will Israel die Menschen in Zeltlager bringen, etwa in das Al-Mawasi-Lager am Mittelmeer. Es gibt allerdings Zweifel, dass dort genug Platz ist.

Berichten zufolge errichten internationale Organisationen derzeit Zeltlager für die Vertriebenen. Das Zentrum des Gazastreifens sei bereits überfüllt, berichtet der 28-jährige Masud. Er und seine Familie bleiben deshalb vorerst weiter in Rafah. Angesichts der israelischen Luftangriffe auf die Stadt, die es dort bereits jetzt vereinzelt gibt, lebten sie aber in ständiger Angst. Der Palästinenser kritisiert, dass es keinen richtigen Plan für die Evakuierung der Menschen aus der Stadt gebe. Viele haben im Falle einer Offensive in Rafah am meisten Angst davor, weitere Familienmitglieder zu verlieren, berichten Menschen vor Ort der dpa.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen seit Kriegsbeginn mehr als 34.450 Menschen ums Leben. Mehr als 77.500 Menschen seien verletzt worden. Die Behörde unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Bewaffneten. Ihre Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Zehntausende haben Rafah bereits verlassen

Der Palästinenser Mohammed al-Abadla hat sich wegen des geplanten Militäreinsatzes der israelischen Armee dazu entschieden, Rafah in den kommenden Tagen zu verlassen. Er wolle zu seinem zerstörten Haus in Chan Junis zurückkehren und dort sein Zelt aufgeschlagen, erzählt der 48-Jährige der dpa. «Ich kann das Risiko nicht eingehen und in Rafah bleiben und meine Kinder der Gefahr auszusetzen», sagt der siebenfache Vater. «Wir sind nur Zivilisten, die nichts mit dem Krieg zu tun haben, aber wir sind ständig dabei, von Ort zu Ort zu fliehen, um dem Tod zu entgehen.»

Al-Abadla hat Chan Junis eigenen Angaben nach bereits vor einigen Tagen besucht, um nach dem Abzug der israelischen Armee dort nach seinem Haus zu schauen. Nach den Kämpfen in der Stadt seien aber nur noch Ruinen seines früheren Zuhauses übrig. Israels Armee hatte sich vor rund drei Wochen aus Chan Junis, der größten Stadt im Süden des Gazastreifens, zurückgezogen. Seitdem haben 150.000 bis 200.000 palästinensische Zivilisten Rafah verlassen und seien etwa nach Chan Junis gegangen, berichtete die «Jerusalem Post».

UN: Einsatz wird humanitäre Katastrophe weiter verschlimmern

Israels Verbündete warnen seit Monaten vor einem großen Einsatz in Rafah, weil sich dort Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge drängen. Zeitweilig hielten sich in Rafah rund 1,5 Millionen der mehr als 2,2 Millionen Bewohner des gesamten Gazastreifens auf. Mehr als eine Million hatte in der Stadt im Süden des Küstengebiets nach Angaben von Hilfsorganisationen im Zuge des Gaza-Krieges Zuflucht gesucht.

Um die Zahl ziviler Opfer zu begrenzen, will Israel Berichten zufolge die Bodenoffensive schrittweise durchführen. Nach Informationen des «Wall Street Journal» plant das Militär, vor jeweiligen Angriffen die betroffenen Stadtteile zu evakuieren, bevor es dann zu neuen Gebieten übergehe. Die UN befürchten derweil, dass ein großer Militäreinsatz die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen noch weiter verschlimmert.

Bericht: Hamas soll Kämpfer mit Waffen versorgt haben

Die israelische Armee hat ihre Vorbereitungen für die Bodenoffensive inzwischen abgeschlossen und wartet nun auf grünes Licht aus dem Kriegskabinett. Israels Regierung nutzt die Ankündigung des Einsatzes aber zunächst einmal als Druckmittel bei den wieder angelaufenen, indirekten Verhandlungen mit der Hamas über die Freilassung weiterer Geiseln sowie über eine Feuerpause im Gaza-Krieg. «Entweder ein Abkommen in naher Zukunft oder Rafah», zitierte die «Times of Israel» einen hochrangigen israelischen Beamten. Israel werde nicht zulassen, dass die Hamas einen Geisel-Deal hinauszögere, um die geplante Militäroffensive zu verhindern. Israelische Medien zitierten auch Vertreter der Armee, die sagten, die Offensive könne mittendrin gestoppt oder ganz abgesagt werden, sollte ein Geisel-Deal zustande kommen.

Die Hamas hat ihre Kämpfer in Rafah nach Informationen des «Wall Street Journal» auf den israelischen Einsatz vorbereitet und sie mit Proviant und Waffen versorgt. Demnach wurde auch die Zahl der Wächter für die Geiseln verstärkt. Ob die Islamistenorganisation einem Deal mit Israel zustimmt, ist derzeit offen.

© dpa ⁄ Cindy Riechau und Emad Drimly, dpa
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