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AfD im Gegenwind

Der Verfassungsschutz beäugt die AfD. Aber nicht nur das. Der Höhenflug der Partei in den Umfragen ist erst einmal vorbei. Woher kommt das? Und hat das überhaupt etwas zu bedeuten?
AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag
Tino Chrupalla (l.) und Alice Weidel während der Generaldebatte zum Etat des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts. © Kay Nietfeld/dpa

Vor Monaten noch schraubte sich die AfD in Umfragen immer höher. Bis zu 24 Prozent Zustimmung erreichte sie bundesweit. Nun sind die Werte wieder abgesackt. Ob das so bleibt, ist offen. Aber vorerst hat die AfD Gegenwind. Seit Wochen demonstrieren Zehntausende gegen die Rechtsaußenpartei. Wirtschaftsverbände warnen, sogar die katholischen Bischöfe. Die neue Konkurrenz des Bündnis Sahra Wagenknecht zielt auf ihre Wähler. Und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz behält die Partei fest im Blick.

Die «Süddeutsche Zeitung» berichtete am Montag, das Bundesamt arbeite an einem Gutachten zur Bewertung der AfD insgesamt als «gesichert extremistische Bestrebung». Neben der bekannten Einschätzung der Behörde zu Rassismus und Autoritarismus enthalte der Entwurf einen neuen Punkt: «Verhältnis zu Russland». Zum SZ-Bericht erklärte das Bundesamt am Montag zwar: «Zu behördeninternen Arbeitsabläufen nimmt das BfV grundsätzlich keine Stellung.» Doch hieß es auch: «Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutrifft oder nicht.»

Seit 2021 als Verdachtsfall eingestuft

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die Gesamtpartei im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft - eine Einschätzung, die rund ein Jahr später in erster Instanz durch das Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde. Die AfD setzt sich dagegen juristisch zur Wehr. Vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster soll es Mitte März eine mündliche Verhandlung geben.

Es ist üblich, dass der Verfassungsschutz bei einem Verdachtsfall innerhalb von etwa zwei Jahren prüft, ob sich der Verdacht erhärtet hat - es sich also um eine gesichert extremistische Bestrebung handelt - oder nicht. Im Fall der AfD ist zu erwarten, dass diese Entscheidung erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens fallen wird. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sagt aber auch öffentlich, dass er die Partei kontinuierlich auf dem Weg «nach rechtsaußen» sieht. Bereits die Einstufung als Verdachtsfall ermöglicht seiner Behörde den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Dazu zählen die Observation und das Einholen von Auskünften über Informanten aus der jeweiligen Szene.

Für die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist die Sache schon geklärt: Sie stufen die jeweiligen AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextremistisch ein und beobachten sie. 

Fast kein Tag ohne Demo gegen rechts

Auch über Vernetzungstreffen zwischen bekannten Rechtsextremisten und der AfD berichten Verfassungsschützer schon länger. Trotzdem scheinen diese erst kürzlich ins öffentliche Bewusstsein getreten zu sein - mit dem Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam im November. Seit der Veröffentlichung Anfang Januar vergeht kaum ein Tag ohne Demonstrationen, die sich auch gegen die AfD richten. Am Wochenende waren wieder Zehntausende auf der Straße, in Hamburg, Dresden und anderswo. 

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, sieht das als Wendepunkt. «Ich gehe davon aus, dass die AfD wieder an Zustimmung verliert», sagt der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Ich halte sie für ausmobilisiert.» Er bezog dies auch auf die für Herbst geplanten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Als Argument führte Schneider auch den europäischen Asylkompromiss an, der die Zahl der Ankommenden senken werde. Damit hätte die AfD ein Thema weniger.

«Die AfD-Anhänger waren laut, sie haben den öffentlichen Diskurs bestimmt an der Bushaltestelle, in der Bahn, in der Kneipe und auf Arbeit», sagt Schneider, der selbst aus Thüringen stammt. «Sie taten so, als wären sie die Mehrheit. Aber die Demonstrationen gegen rechts zeigen: Die AfD-Anhänger sind die Minderheit. Jetzt widersprechen viele und fühlen sich bestärkt.» In Wahlumfragen für Thüringen und Sachsen lag die AfD im Januar bei mehr als 30 Prozent, in Brandenburg bei 28 Prozent. Ob sich der Trend dort ändert, ist unklar. Aber selbst diese Zahlen zeigen: Etwa zwei Drittel der Befragten würden die AfD nicht wählen.

Wagenknecht freut sich über Wechselwähler

Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht glaubt nicht an eine Wirkung der Demonstrationen - sie sieht die bröckelnden AfD-Umfragewerte eher als Verdienst ihres neuen Bündnis Sahra Wagenknecht. «Meinen Sie im Ernst, dass die Demonstrationen AfD-Wähler beeindrucken?», fragte sie im Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». «Die Umfragen zeigen eher, dass diejenigen, die aus Wut die AfD gewählt haben, jetzt zu einem gewissen Teil BSW wählen wollen. Das freut uns.» 

Mit Forderungen wie Begrenzung der Migration und Senkung der Energiepreise sowie nach Friedensverhandlungen mit Russland und der Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine hat sie teils ähnliche Themen wie die AfD. Allerdings hat Wagenknecht auch andere Schwerpunkte, darunter Rente, Steuern und Mindestlohn. Die Mischung und die Person Wagenknecht scheinen auch Menschen anzusprechen, die vorher eine Stimme für die AfD in Erwägung zogen.

Weidel hat ein Problem

Die AfD selbst ist seit Wochen bemüht, das alles herunterzuspielen - und scharf dagegenzuhalten. Als jüngst die katholischen Bischöfe von einer Stimme für die AfD abrieten, sprach der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner von einem «Anbiederungsversuch der katholischen Kirche an das linke Establishment». Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel nannte die Correctiv-Recherchen und die darauffolgenden Proteste gegen die AfD eine «beispiellose Verleumdungskampagne».

Gleichzeitig bekam die AfD plötzlich ein Problem: Das französische Rassemblement National von Marine le Pen, im Europaparlament Partner der AfD, grenzte sich klar von «Remigrations»-Thesen ab, wie sie aus Potsdam berichtet wurden. Vergangene Woche traf sich Weidel in Paris mit Le Pen, um die Wogen zu glätten. Auf ein gemeinsames Foto hatte Le Pen allerdings keine Lust.

Die Rolle der Schlichterin fiel Weidel auch am Wochenende in Rottweil zu, wo ein AfD-Landesparteitag im Organisationschaos unterzugehen drohte. Dass ihre Leute den Machtkampf im Landesverband Baden-Württemberg gewannen, geriet da fast in den Hintergrund. 

Eigentlich führt Weidel mit ihrem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla die AfD im Bund recht geräuschlos - anders als frühere Führungsduos. Beide sind bei den Mitgliedern populär und versuchen, der Partei ein bürgerliches Image zu geben. Beobachter der Partei sehen jedoch Grenzen ihrer Macht: Gegen den Willen der Rechtsaußen-Strömung des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke können sie kaum Entscheidungen treffen.

© dpa ⁄ Anne-Béatrice Clasmann und Verena Schmitt-Roschmann, dpa
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