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Krankenkasse KKH meldet Millionenschäden durch Betrüger

Es sind wenige schwarze Schafe, aber sie betrügen die Krankenversicherungen um immense Summen - und schaden Menschen. Skrupellos seien sie, sagt KKH-Chefermittlerin Michels. Vor allem eines fällt auf.
Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen
Ein Zahnarzt behandelt einen Patienten. © Markus Scholz/dpa/Archivbild

Viele Menschen spüren die massive Personalnot in der Pflege. Weniger bekannt dürfte den meisten sein, dass der Pflegesektor bei Abrechnungsbetrug und beim Einsatz von Pseudo-Pflegekräften besonders auffällig ist.

Es seien einige wenige Betrüger, die skrupellos vorgingen und teils Menschenleben gefährdeten, um illegal hohe Summen einzustreichen, sagte die Chefermittlerin der KKH Kaufmännische Krankenkasse, Dina Michels, am Mittwoch. Die Folge: Allein die KKH, die mit mehr als 1,6 Millionen Versicherten bundesweit zu den größten gesetzlichen Krankenkassen zählt, musste im vergangenen Jahr einen Schaden von rund 3,5 Millionen Euro hinnehmen - die bisher dritthöchste Jahressumme. 2022 lag der Schaden bei mehr als einer Million Euro, ein Jahr zuvor waren es 4,7 Millionen Euro.

Michels nannte Beispiele: «Bei einem ambulanten Pflegedienst besteht der Verdacht, dass Pflegebedürftige intensivmedizinisch von Personal versorgt wurden, das dafür nicht ausgebildet war. Lebensnotwendige Medikamente wurden fehlerhaft gegeben, eklatante Mängel in der Hygiene in Kauf genommen und zudem Leistungen abgerechnet, die nie erbracht wurden.» Der Schaden lag in Millionenhöhe. «Doch was viel schwerer wiegt, sind die körperlichen und seelischen Folgen bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen», betonte sie. Ein anderer Fall: Ein Apotheker aus Sachsen, der Zytostatika, also Krebsmedikamente, unterdosiert abgegeben haben soll. Hier sei der Schaden noch unklar.

Im vergangenen Jahr ganz vorn bei den Tatverdächtigen laut Krankenkasse: ambulante Pflegedienste mit einer Schadenssumme von rund 1,9 Millionen Euro. Dahinter folgten Apotheken mit gut einer Million Euro. Im Gegenzug holte die Kasse mit Regressforderungen rund 1,25 Millionen Euro zurück - so viel wie nie zuvor. Zum Jahresende seien insgesamt rund 1900 Verdachtsfälle in Bearbeitung gewesen, sagte Michels. In 21 Fällen habe die Krankenversicherung Strafanzeigen gestellt, vor allem wegen Betruges.

Ob Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, Einsatz unqualifizierten Personals oder gefälschte Rezepte - allein 2023 gingen bundesweit 553 neue Hinweise auf möglichen Betrug ein, wie die Kasse mitteilte. Meist ging es um ambulante (179 Hinweise) und stationäre Pflege (167), dahinter folgten Krankengymnastik- und Physiotherapiepraxen mit 74 Hinweisen. Bei der regionalen Verteilung lag Nordrhein-Westfalen mit 128 Hinweisen vorn - gefolgt von Bayern (76) und Baden-Württemberg (52) Am anderen Ende der Skala lag das Saarland mit vier Fällen.

Aber was zieht Betrüger am Gesundheitssystem an? Es sind die für viele wohl unvorstellbar hohen Summen, die in das System fließen. Laut Kasse lagen die Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen allein 2022 bei 274,2 Milliarden Euro: «Das weckt bei manch einem Begehrlichkeiten, sich ein Stück vom Milliardenkuchen Gesundheitssystem abzuschneiden», sagte Michels, die Ende Mai in den Ruhestand geht.

Tatsächlich halten 62 Prozent der Menschen zwischen 18 und 70 Jahren in Deutschland laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH das deutsche Gesundheitswesen für anfällig für Betrug und Korruption - 18 Prozent davon stufen es sogar als «sehr anfällig» ein. Für die Umfrage wurden vom 2. bis 5. April bundesweit 1004 Menschen der Altersgruppe befragt. Als bemerkenswert bewertete die Kasse, dass 58 Prozent der Befragten angaben, selbst schon einmal Erfahrungen mit Betrug im Gesundheitswesen gemacht zu haben oder Betroffene zu kennen. Wieder besonders auffällig: der Pflegesektor. 41 Prozent der Befragten sagten, dass jemand aus ihrer Familie oder ihrem Bekanntenkreis trotz zuerkannten Pflegegrades nicht ausreichend versorgt wurde.

Jeder Vierte kennt demnach in seinem Umfeld mindestens einen Patienten, der vom Facharzt an ein bestimmtes Krankenhaus überwiesen wurde - also nicht in das Krankenhaus seiner Wahl gehen konnte. Jeder Fünfte wiederum weiß laut Befragung von jemandem, der in der Arztpraxis Bandagen für Rücken oder Knie erhalten hat - oder hat dies selbst erlebt. Nach Angaben der Krankenkasse handelt es sich in all diesen Fällen um Spielarten von Betrug, der im Gesundheitswesen allein in den Jahren 2020 und 2021 einen Schaden von rund 132 Millionen Euro angerichtet habe.

Nach Angaben von Silke Kühlborn von der Staatsanwaltschaft Leipzig, Leiterin einer Abteilung für Wirtschaftsstrafrecht mit vier Dezernaten zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen, gelingt es, immer mehr Betrugsfälle durch akribische Ermittlungsarbeit aufzudecken: «Es ist erschreckend festzustellen, welche kriminelle Energie die Beschuldigten bei ihren Taten teilweise an den Tag legen.» Ohne spezialisierte Ermittler bei den Strafverfolgungsbehörden dürften viele Betrugsfälle jedoch unentdeckt bleiben, warnte sie. Auffallend sei, dass viele Betrugstaten nicht heimlich begangen würden. Mitarbeiter wüssten das in aller Regel - und «wundern sich, dass das hingenommen wird». Sie forderte eine effiziente Strafverfolgung.

Ein möglicher Weg, um künftig Straftaten aufzudecken: der Einsatz künstlicher Intelligenz. Michels erklärte, anders seien die «wahnsinnigen Datenmengen» überhaupt nicht zu bewältigen.

© dpa ⁄ Thomas Strünkelnberg, dpa
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