Die Anwältin der Familie von dem getöteten sechsjährigen Joel, Christine Habetha, hat deutliche Kritik an dem Landgericht Neubrandenburg geäußert. Sie habe am Dienstag am vierten Verhandlungstag im Prozess wegen Totschlags gegen einen angeklagten Jugendlichen das Wort ergriffen und deutlich gemacht, dass sich der Prozess «sehr am Rande einer richterlichen Befangenheit» bewege, sagte Habetha.
Einen Befangenheitsantrag werde sie aber nicht stellen, betonte Habetha. Sie hat der Richterin nach eigenen Angaben gesagt, dass sie den Befangenheitsantrag nicht stellen wird, weil sie «keinen Sand ins Getriebe werfen» möchte. «Ich möchte dieses Verfahren, das ja schon über 30 Zeugen hierhergeführt hat in den Gerichtssaal, nicht in dieser Weise torpedieren.» Sie habe einen Rest Hoffnung, dass das Verfahren doch noch anständig zu Ende gebracht werde - außerhalb der Befangenheit des Gerichts, sagte die Anwältin.
Hintergrund der Kritik ist, dass das Landgericht den Haftbefehl gegen den Angeklagten vor fast drei Wochen aufgehoben hatte, weil aus seiner Sicht keine Haftgründe mehr bestanden. Das Oberlandesgericht Rostock sah dies anders und setzte den Haftbefehl gegen den Teenager durch einen Beschluss wieder in Kraft. Der Angeklagte sitzt seitdem wieder in U-Haft.
Im vergangenen September soll der damals 14-Jährige in der Gemeinde Pragsdorf bei Neubrandenburg Joel geschlagen und erstochen haben. Dem Jugendlichen droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bis Ende März sind noch drei weitere Verhandlungstage vorgesehen. Dann könnte es auch ein Urteil geben. Im Zusammenhang mit dem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen den 17 Jahre alten Bruder des Angeklagten.